Lipizzaner

Erscheinungsbild:
  • gerader bis ramsiger Kopf, quadratischer Typ, hohe Knieaktion, große, schwarze Augen, breite Stirn, hoch aufgesetzter Hals, gut ausgeprägter Widerrist, tiefe und breite Brust, kurze, kräftige Beine, harte Hufe
Herkunft:
  • einheimische Pferde, Neapolitaner, Spanier, Iberer, Araber und Kladruber
Verbreitung:
  • Österreich, Europa, weltweit
Größe:
  • 153 bis 158 cm (mind. 148 cm und max. 160 cm)
Eignung:
  • Dressur, Hohe Schule, Fahren, Freizeit
Farben:
  • vor allem Schimmel, selten Braune, Rappen
Charakter:
  • gelehrig, gehorsam, sensibel, temperamentvoll


Entstehung

Zuchthengst  Der Lipizzaner ist eine der bekanntesten Pferderassen weltweit, seine Berühmtheit in der heutigen Zeit erlangte er durch die Auftritte der "Spanischen Hofreitschule" von Wien.
 Die Rasse gibt es seit dem 16. Jahrhundert, als im Karst bei Triest/ Österreich eine neue Rasse gezüchtet werden sollte und damit stellt sie die älteste Kulturpferderasse weltweit dar. Man wollte ein Prunk- und Paradepferd für den Adel züchten, welches als Reit-, Kampf- und Kutschpferd verwendet werden konnte. Für dieses Zuchtziel wurden einheimische Pferde, Neapolitaner, Iberer, Araber und Kladruber eher ziellos miteinander gekreuzt.




Lipizza

Kopfprofil Im Jahr 1580 wurde das k.u.k. Hauptgestüt Lippiza durch Erzherzog Karl von Österreich im heutigen slowenischen Karst gegründet und die planvolle Zucht begann, in ihm sollte die Rasse gezielt gezüchtet und weiterentwickelt werden. Der Name der Gestüts bedeutet im slowenischen "Kleine Linde", bereits im Gründungsjahr kaufte der Freiherr von Khevenhiller im Auftrag des Hofes sechs Hengste, ein Jahr später wieder sechs Hengste (andere Quellen sprechen von nur drei Hengsten) und 24 Stuten in Spanien und brachte sie nach Lippiza. Diese Pferde bildeten gemeinsam mit den heimischen Karstpferden das Fundament für die Zucht, ihre Nachkommen zeigten schon viele der heutigen Exterieur und Interieurmerkmale des Lipizzaners. Kurze Zeit später wurden Hengste von der Rasse Polesina zur Zucht eingesetzt, diese Tiere waren für ihre Schönheit, stattlichen Haltung, zierlichen und grazilen Bewegungen sehr bekannt und beliebt.




Konsolidierung und Veredlung

Stute mit Fohlen Die neue Pferderasse wurde zuerst als "Pferd der Karster Rasse" bezeichnet, in Anlehnung an das um das Gestüt gelegene Karstgebiet. Es folgte bereits kurze Zeit nach Gründung des Gestüts die Veredelung der Pferde durch Hengste aus sehr edlen orientalischen Zuchten. Nur nach fünf Jahren Zucht meldete der Gestütsmeister Franz Jurco den Bestand der Rasse als gesichert und die ersten Tiere kamen als Prunkpferde an den kaiserlichen Hof.
 In den folgenden Jahren wurde Hengste verschiedenster Rasse in der Zucht eingesetzt, der spanischen Hengst "Cordova" brachte wertvolle Mutterstuten hervor und der Hengst "Lipp" beeinflusste einhundert Jahre lang mit seinen Nachkommen die Zucht. Immer wieder wurde die Zucht durch spanische Hengste beeinflusst, es kamen aber auch immer wieder Pferde anderer alt- spanischer- italienischer Zucht zum Einsatz.




bedeutende Vererber

 Im 18. Jahrhundert kamen die bedeutendsten Vererber nach Lipizza, sie gründeten bis heute existierende Hengstlinien. So kam 1765 der weißgeborene Frederiksborger "Pluto" in das Gestüt, aus Neapel kam 1767 der Hengst "Conversano" nach Lippiza, im Jahr 1773 folgte der Kladruber "Maestoso" und 1779 mit "Favory" ebenfalls ein Kladruber, dazu kamen Tiere aus dem Gestüt Lippe- Bückeburg in Deutschland und diese stellten wahrscheinlich Neapolitaner dar.




"Spanische Hofreitschule"

Levade Die "Spanische Hofreitschule" in Wien wurde 1772 erstmals erwähnt, in ihr sollte die neue Pferderasse vorgeführt und Käufer gefunden werden. Bereits nach ein paar Jahren war die Reitschule für ihre hervorragende Pferdeausbildung bekannt und viele Adlige ließen dort ihre Reitkünste verfeinern.




Kriegswirren

 In den Napoleonischen Kriegen ab 1797 musste das Hofgestüt mehrmals aus Lippiza fliehen, bereits 1785 wollte man das Gestüt auflösen oder nach Kladruby verlegen aber man verwarf diese Idee wieder. Nach dem Ende der Kämpfe im Heimatgebiet kehrte der größte Teil des Hofgestütes im Herbst nach Lippiza zurück. Bereits im Jahr 1805 müssen die Tiere ihr Gestüt wieder verlassen, sie finden bei ihrer Flucht im Winter Unterschlupf in dem Gestüt Dakovo. Obwohl die Pferde in großer Kälte und mit wenig Futter überleben mussten fehlte bei der Rückkehr nach Lippiza im Jahr 1807 nur ein Fohlen.
Sportpferd Die Pferde wurden am stärksten in den Jahren 1809 bis 1815 geprüft, in dieser Zeit standen sie in dem ungarischen Gestüt Mezöhegyes. Die Weiden in diesem Gestüt bekam den Tieren nicht, sie brauchten Gebirge und keine flachen Flächen zur Entwicklung ihres Fundaments. Bereits nach sechs Jahren wurden bei einigen Tieren Degenerationserscheinungen beobachtet und man beschloss die Heimkehr nach Lippiza, zudem war der Krieg inzwischen dort vorbei. Ein großer Teil der Pferde kehrte nun heim, ein Teil aber begründete die ungarische Lipizzaner Zucht seit 1815. Durch sehr ausgeklügelte Bewegungstherapien konnte dort auch das fortschreiten der Degeneration, heute stehen die ungarischen Lipizzaner andern in nichts nach.




Arabereinfluss

Vertreter der Siglavy Linie Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Zucht in Lippiza stark von Außen beeinflusst, es wurden verschiedenste Araber in der Zucht eingesetzt um die Rasse zu veredeln. Unter den Hengsten befand sich auch 1810 der Vollblutaraberhengst "Siglavy", ein wichtiger Linienbegründer. Bis in den Beginn des 19. Jahrhunderts hinein entstanden so acht Hengstlinien, auf die alle heutigen Lipizzaner zurückgehen und es werden heute 34 verschiedene Stutenfamilien unterschieden.



Hengstlinien und Stutenfamilien

 Die acht Hengstlinien sind damit:

Vertreter der Pluto Linie   Es gibt außerdem noch die beiden Hengstlinien "Incitatio" und "Tulipan", wenn auf Seiten der Mutter und des Vater in fünf Generationen ausschließlich reine Lipizzaner nachgewiesen werden können, wird die Abstammung von den beiden Hengsten den sechs klassischen Hengstlinien gleichgestellt. In Lipizza unterschied man früher 18 Stutenfamilien, bis heute sind noch 14 und eine neue in Lipizza/ Lipica vertreten. Es handelte sich um diese:

dominierende Schimmelfarbe

seltener Rappe Durch den vermehrten Einsatz arabischer Schimmel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die verschiedenen Fellfarben verdrängt. Bis dahin fand man alle Fellfarben und auch Schecken bei den Lipizzanern, einfarbige Braune, Rappen oder Füchse werden in bestimmten Hengstlinien und Gestüten noch vereinzelt geboren. Gleichzeitig bildeten sich dadurch zwei Zuchtrichtungen heraus, der klassisch- barocke und der arabisierte.




Gestütsverlegungen

 Im k.u.k. Militärgestüt Piber in der Steiermark wurde 1853 eine Lipizzanerzucht für die Landeszucht aufgebaut, das Gestüt wurde 1869 nach Radautz verlegt. Die staatliche ungarische Lipizzanerzucht wurde ebenfalls verlegt, sie fand 1874 in Fagaras/ Siebenbürgen eine neue Heimat und zog 1912 in das Arabergestüt Bábolna.




Auswirkungen des Ersten Weltkrieges

Junghengst Der Erste Weltkrieg bewirkte große Veränderungen in der Lipizzanerzucht. Das k.u.k. Hofgestüt Lippiza musste im Krieg 1915 nach Laxenburg bei Wien und nach Kladrub in Böhmen evakuiert werden. Nach dem Krieg im Jahre 1919 musste die Hälfte der Tiere des Hofgestüts Lippiza an Italien übergeben werden. Italien setzte die Lipizzanerzucht im Gestüt Lippiza fort, allerdings erhielt das Gestüt den Namen Lipizza. Dadurch änderte sich auch der bisherige Rassenname von Lippizaner zu Lipizzaner. Mit der anderen Hälfte der Tiere wird ab 1920 die Lipizzanerzucht von Österreich im Staatsgestüt Piber fortgesetzt.
 Mit den vor dem Krieg nach Kladrub evakuierten Hofgestütslipizzanern wurde 1921 das tschechoslowakische Lipizzanergestüt Topolcianky gegründet. Im gleichen Jahr wurde das rumänische Staatsgestüt Simbata de Jos, das ehemalige Gestüt Fagaras, gegründet. Dazu dienten bei der Verlegung der ungarischen Lipizzanerzucht nach Bábolna zurückgelassene Lipizzaner.




im Zweiten Weltkrieg

Zuchtstute Im Zweiten Weltkrieg wurden 1942 das österreichische Staatsgestüt Piber, das Gestüt Demir Kapija und das italienische Militärgestüt Lipizza durch die Wehrmacht nach Hostau in Böhmen verlegt, dadurch gingen die besten Zuchttiere den Gestüten verloren. In dem tschechischen Ort waren insgesamt 300 Pferde untergebracht, 1945 fand der Zusammenbruch der Front statt und alle Tiere befanden sich in höchster Gefahr. Nur die Zusammenarbeit von dem Leiter des Gestüts Hostau, Hubert Rudofsky, des Gestütsveterinärs Dr. Rudolf Lessing, des Leiters der spanischen Reitschule Alois Padhajsky und des kommandierenden Generals der amerikanischen Armee, Georg S. Patton, konnte die Rasse durch Unterbringung an anderen und teilweise geheimen Orten retten.
 Im März 1945 kamen nochmals 170 Pferde nach Hostau, diese stammten von den Kosaken unter Fürst Amassow und waren auf der Flucht vor der Roten Armee. Unter den Pferden waren 60 Kabardiner und Anglo- Kabardiner, im April waren die Amerikaner in der Nähe und an die Deutschen ging der Befehl das Gestüt bis aufs Äußerste zu verteidigen. Hostau lag zudem auf ehemaligem tschechischem Gebiet und dieses sollte vertragsgemäß durch die Russen gehen, weder Deutsche noch Amerikaner wollten die Pferde den Russen überlassen. Man beschloss die Umsiedlung der Pferde nach Kötzting/ Furth in Bayern, wegen fehlender LKW´s mussten die meisten Pferde dorthin getrieben werden.




Flucht aus Hostau

voller Kraft und Stolz Die Pferde sollten in Gruppen bis zu 80 Tieren von fünf bis sechs Reitern getrieben werden, ein großer Teil des Personals von Hostau war aber in die Heimat geflohen. Rudofsky wendete sich daher an Fürst Amassow und bat ihn unter seinen Kabardiner- und Don-Stuten verlässliche Reit- und Zugpferde auszusuchen, um mit diesen den Transport sicher begleiten zu können. Den Kosaken kam diese Bitte sehr gelegen, sie konnten sich auf diese Weise auch in den Westen absetzen. Der Treck setzte sich am 15.Mai um 5 Uhr morgens setzte sich der Treck, man nahm auf den Begleitfahrzeugen so viele Flüchtlinge auf wie möglich. Alle Personen wurden als Gestütspersonal ausgewiesen und es stellte für sie die letzte Chance zum verlassen Tschechien dar bevor die Russen eintrafen. Die große Herausforderung gelang, etwa 500 Tiere schafften es nach Bayern. Einige Tiere blieben bei den Amerikanern, die meisten wurden auf kleine Höfe verteilt und später wurden sie zu ihren Herkunftsgestüten gebracht.
 Insgesamt war die Unterkunft in Hostau sehr negativ, das Gestüt wurde an Kriegsende durch die Deutschen als Kriegsmagazin genutzt und später als Tankbasis für die US- Armee. Viele Pferde wurden einfach in den Kriegseinsatz geschickt oder kamen bei Angriffen ums Leben, aber auf der anderen Seite war sie die einzige Rettungsmöglichkeit.




Neuanfang und Ausbreitung der Gestüte

die Fohlen werden dunkel geboren Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten 1946/ 47 die österreichischen Lipizzaner nach Piber zurück, aber es waren nur 13 Pferde. Man konnte anhand der Brandzeichen die Tiere wenigstens identifizieren und dadurch die neue Zucht aufbauen, die meisten Tiere aus Hostau gehörten zu den Gestüten Demir Kapija sowie Lipizza und Piber musste sich mit den wenigen Pferden zufrieden geben. Zur gleichen Zeit findet auch die Neugründung des Gestüts Lipizza statt, jetzt in Jugoslawien gelegen erhält es den Namen Lipica. Ebenfalls 1946 findet die Neugründung des italienischen Lipizzanergestüts in Monterotondo statt. Die geregelte Zucht in Lipica beginnt aber erst 1954 und die Lipizzaner behielten ihren Namen.
 Im Jahr 1960 wird ein weiteres internationales Lipizzanergestüt gegründet, das kroatische Gestüt Dakovo. Die ungarische Lipizzanerzucht erhält 1961 wieder ein eigenes Gestüt und wird von Bábolna nach Szilvásvárad bei Eger verlegt.




Zuchtbuchordnung und Herpes

 Im März 1982 wurde die Zuchtbuchordnung neu festgelegt, man will einen reinrassigen Li-pizzaner im Typ eines Barockpferdes. Das Jahr 1983 sah eine neue Gefahr für die Rasse, in dem österreichischen Gestüt Piper führte ein Herpes Virus zu großen Verlusten und Fohlen und Stuten. Es dauerte drei Jahre diesen Virus zu isolieren und schließlich zu vernichten, erst 1986 brachte das Gestüt die Meldung "Paradepferde außer Gefahr" heraus.




"LIF"

ausdrucksvoll Im Jahr 1984 wurde der Weltlipizzanerverband, die "Lipizzan International Federation (LIF)", in Brüssel/ Belgien gegründet. Der Verband besteht zurzeit aus 14 Ländern und 23 Mitglied-organisationen mit eigenen Zuchtbüchern und Brandzeichen, er organisiert ein weltweit einheitliches Zuchtziel.
 Zu den Mitgliedern gehören die traditionellen Staats- und Nationalgestüte und pro Land ein nationaler Zuchtverband, im österreichischen Bundesgestüt Piber wird das Ursprungszuchtbuch geführt. Es gibt noch andere nationale und internationale Zuchtverbände, diese werden aber vom LIF aber nicht anerkannt und von diesen eingetragene Lipizzaner gelten nicht als reinrassig.




Anerkennung als reinrassig

 Ein Lipizzaner ist erst reinrassig, wenn er in einem vom LIF anerkannten Lipizzanerzuchtbuch eingetragen ist. Seine Abstammung muss lückenlos bis zum Gründer der Hengstlinie und der Gründerin der Stutenfamilie nachgewiesen werden, als Beweis dient das Ergebnis eine DNA- Analyse oder ein Blutgruppentest. Die Papiere eines Lipizzaners bestehen immer auch aus einen fünf Generationen zurückreichenden Pedigree. In Deutschland gezogene Fohlen erhalten einen Nummernbrand und ein geschwungenes "L" auf den linken Hinterschenkel gebrannt.




vermehrte Homogenität und Typen

Schattenspiel Die beiden Zuchttypen sind zum Teil ineinander übergegangen und auch die verschiedenen Hengstlinien vermischen sich immer mehr, für eine einheitliche Rasse ist dies eher positiv zu sehen aber die Vielfalt geht damit verloren. Vor allem in Österreich und Ungarn wird noch wert auf die Hengstlinien gelegt, ihre Unterschiede sind den Tieren noch oftmals anzusehen und noch immer ist eine Typunterscheidung bei vielen Tieren möglich:

Staatsgestüte

alt aber voller Schönheit  In den sieben wichtigsten Staatsgestüten entwickelten sich aufgrund unterschiedlicher Einsatzbereiche und Vorstellungen verschiedene Lipizzanertypen, alle Typen entsprechen aber dem Zuchtziel des Lipizzanerverbandes.
 Die Staatsgestüte auf einem Blick:

Population und Eigenschaften

Herde  Die Berühmtheit der Rasse bewirkte im Gegensatz zu anderen Rassen keinen Kaufboom, die Rasse ist mit etwa 4.500 Tieren sogar sehr selten. Die EU- Kommission setzte deshalb die Rasse am 7. Juni 1995 sogar auf die Rote Liste der bedrohten Haustierrassen.
 Die Rasse ist dabei für die verschiedensten Ansprüche geeignet, da die verschiedenen Typen kaum Wünsche offen lassen. Die meisten Lipizzaner sind dabei ideale Freizeitpferde, sie sind ruhig, gelehrig, zuverlässig und sehr gesund. Es gibt auch verdorbene Rassevertreter, aber in welcher Rasse gibt es diese nicht?
 Wer also ein gutes Freizeitpferd sucht und dabei eine Rasse vorm Aussterben bewahren will sollte sich ruhig mal einen Lipizzaner näher ansehen.







Informationen:
  • LZD - Lipizzaner Zuchtverband Deutschland
  • LIF - Lipizzan International Federation
  • Info - LipizzanerNetz