Neapolitano
(Napoletano)

Erscheinungsbild:
  • trockener und langer Kopf, breite Stirn, Nasenlinie fällt am Ende nach unten ab (Grisone), hoch angesetzter, langer Hals, kurzer Rücken, runde Kruppe, tiefer Schweifansatz, lange sowie schräge Schulter, dichtes Langhaar
Herkunft:
  • einheimische Pferde, Berber, P.R.E
Verbreitung:
  • Italien
Größe:
  • ca. 150 bis 165 cm
Eignung:
  • Hohe Schule, Freizeit, Fahren
Farben:
  • vor allem Braune und Rappen, keine Schecken
Charakter:
  • intelligent, gehorsam, ausgeglichen


Bedeutung und Ursprung

 Diese sehr alte Pferderasse war bei der Entstehung vieler heute berühmter Pferderassen, wie Lipizzaner, Kladruber, Trakehner oder Hannoveraner, beteiligt und sie galt im 20. Jahrhundert als ausgestorben.
 Die Geschichte der Neapolitaner beginnt bereits in der Antike, bereits damals war die Region um Neapel für seine Pferdezucht berühmt. Auch Hannibal kannte bereits die Pferde aus der von Etruskern gegründete Stadt Capua. Im dritten Jahrhundert vor Christus wurden Berber aus Nordafrika durch die Römer mit den einheimischen Pferden gekreuzt, die daraus resultierenden Pferde besaßen einen einmaligen Typus und wurden vor allen in Pferderennen eingesetzt.




König Karl I.

 Mit dem Untergang des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert nach Christus wurde Neapel unabhängig und stand unter dem Schutz des Byzantinischen Reiches, zur gleichen Zeit wurden vermehrt türkische Pferde importiert und in der Zucht eingesetzt. Ende des 13. Jahrhunderts wird der französische Prinz Karl von Anjou durch den Papst als König von Neapel und Sizilien ausgerufen, König Karl I. verbietet kurz darauf die Einkreuzung fremder Pferderassen in die von ihm hochgeschätzten Neapolitaner.




spanische Einflüsse

 Im Jahr 1445 übernimmt das Herrscherhaus von Aragon (Spanien) die Macht in Neapel und behält diese für 300 Jahre. Während der Herrschaft der Spanier werden Pferde aus ihrer Heimat in der Zucht der Neapolitano eingesetzt. Bereits Ende des 15. Jahrhunderts war die Rasse durch die strenge Selektion und Zuchtvorschriften stark konsolidiert.




Ruhm

Kopfstudie Der Herzog von Newcastle beschreibt im 17. Jahrhundert die herausragenden Eigenschaften der Neapolitaner Pferde und grenzt sie deutlich von den kleineren Spaniern ab. Der italienische Reitmeister Palmieri veröffentlicht 1634 ein Buch, darin beschreibt er unter anderen den Export der Neapolitanischen Pferde durch die Spanier nach Corduba und deren Zuchteinsatz in dem dortigen Gestüt. Somit haben die beiden bedeutenden Barockpferderassen sich gegenseitig stark beeinflusst.
 Pasqual Caraccciolo lobt im 17. Jahrhundert die Intelligenz, den Mut, die Versammlungsfähigkeit und das hervorragende Exterieur dieser Pferde. Im Jahr 1733 äußert sich La Guériniére sehr positiv über die Rasse.




Beginn des Untergangs

 Im 19. Jahrhundert wird das bis dahin selbstständige Neapel in das Großkönigreich Italien eingegliedert, gleich darauf löst das neue Herrscherhaus Savoien als Gestüte ihrer adligen Vorgänger im Süden auf. Damit beginnt der Untergang der Rasse, einige Tiere gelangen in den Besitz von Bauern und werden dort als Nutztiere verwendet oder bei ganz seltenen aus familiärer Tradition weitergezüchtet.




offiziell ausgestorben

 Einer dieser Bauern war die Familie Farina aus Capua, welche noch 1873 den Hengst "Petrarca" auf der Weltausstellung in Wien präsentierte und die Goldmedaille gewann. Lange Zeit galt diese Familie als beste private Züchter der Neapolitaner. Die Rasse wird zum letzten Mal schriftlich durch den deutschen Pferdemaler Emil Volkers (1931-1905) erwähnt, wobei er die Rasse stark vom Aussterben bedroht sieht. Zu Beginn des 20. Jahrhundert wurden noch einmal Pferde dieser Rasse offiziell gesucht aber es waren keine mehr zu finden.




Neuanfang durch Guiseppe Maresca

 Die neue Geschichte der Neapolitanos beginnt in den 1970er, Guiseppe Maresca begleitete seinen Vater nach Südamerika auf eine Hacienda und dessen Besitzer sammelte seltene Pferderassen. Der reiche Besitzer erwähnte bei einem Gespräch, dass er viel Geld für einen Neapolitano zahlen würde und Maresca wollte sich das Geld verdienen, kam er doch auch aus der Nähe von Neapel.
 Gleich nach der Rückkehr in seine Heimat machte sich Guiseppe Maresca auf die Suche nach den Pferden, seine Familie lebte seit über 800 Jahren in Sorrento bei Neapel und trotzdem kannte er die Rasse nicht und studierte nun alte Quellen über diese. Aber egal wo er fragte immer war die Antwort "es gibt keine Neapolitanos mehr", er konnte aber an die völlige Ver-nichtung dieser Rasse nicht glauben.




kleines Wunder

 Maresca begann mit seiner Forschung in der Vergangenheit, er suchte nach namenhaften Züchterfamilien und stieß dabei auf die Familie Farina und deren Zucht war bis in das 18. Jahrhundert zurückzuverfolgen. Direkt vor Ort sollten die Nachforschungen Ergebnisse liefern, daher reiste Maresca nach Capua. Dort erfuhr er von der Gemeinde Carditello direkt in dieser Region, dort züchteten einige Bauern für ihren persönlichen Bedarf Pferde. Diese Tiere gingen direkt auf Pferde aus dem Farina Gestüt und der "königlichen Rasse" zurück.
 Unter mithilfe von Zootechniker der Universität Neapel suchte er dort Pferde, welche den Neapolitano am ähnlichsten war. Es gab niemanden mehr, der Neapolitanos in der Realität gesehen hatte und so musste man sich auf die zahlreichen Abbildungen beziehen. Inwieweit diese Abbildungen der Wahrheit entsprachen ist nicht mehr nachvollziehbar aber oft waren sie sehr realitätsnah.




erste Zuchttiere

 Maresca erwarb 1980 in Carditello den Junghengst "Il Tuono" und mehrere Stuten. Die ersten Fohlen glichen den alten Abbildungen verblüffend, sie hatten den besonderen Nasenrücken, hohen Halsansatz, den starken und langen Oberarmknochen sowie das relativ weit vor liegende Buggelenk.
 Nur mit diesen wenigen Pferden war die Neuschaffung der Rasse kaum möglich, der viel zu hohe Inzuchtfaktor stand im Weg. Bei der Suche nach weiteren Pferden mit hoher Reinheit der alten Blutlinien nutzte Maresca auch die alten und originalen Stutbücher der Lipizzaner in Rom. Die Bücher stammten aus der Zeit von 1918 bis 1945 als das Gestüt Lipica im heutigen Slowenien zu Italien gehörte. Mit Unterstützung des Gestütsdirektors von Piper stellte Maresca fest, dass die meisten braunen Lipizzaner aus der Neapolitano Linie stammten und diese zur Konsolidierung der Schimmelfarbe in osteuropäische Länder verkauft wurden.




"Neapolitano"

Zuchthengst Durch weitere Recherchen fand Maresca heraus, dass die meisten Tiere nach Jugoslawien und angrenzende Länder gegangen waren. Im 1990 fand er im ländlichen Serbien einen alten Hengst, welcher nach erfolgreicher Sportkarriere an einen Bauern verkauft worden war. Dieser braune Hengst besaß alle Merkmale eines Neapolitanos und hieß sogar "Neapolitano". Maresca kaufte sofort diesen Hengst und setzte ihn in der Zucht ein.




heutige Hengstlinien

 Nach vielen Jahren der intensiven Zucht mit Enttäuschungen und Rückschlägen zählt der Bestand heute 37 Tiere. Es haben sich zwei Hengstlinien herausgebildet, Begründer sind "Il Tuono" und "Neapolitano I de Vicalvano". Der zweite Hengst ist ein Sohn des aus Serbien stammenden "Neapolitano". Die erste Linie umfasst zwei Zuchthengste und die zweite insgesamt fünf Zuchthengste. Die besten Hengste einer Generation und Linie erhalten einen Namen des Linienbegründers mit einer römischen Ziffer z.B. "Neapolitano III". Die Namen der anderen Hengste fangen mit N bzw. Il an.




Neuanerkennung der Rasse und Palnung der Reitakademie Neapel

 Im Herbst 2003 feierte Guiseppe Maresca seinen größten Erfolg, das Stutbuch der Rasse und damit die Rasse selbst wurden offiziell vom italienischen Ministerium für Landwirtschaft anerkannt. Damit existiert die Rasse Neapolitano wieder und Italien hat wieder seine eigene Barockpferderasse.
 Inzwischen hat der Retter dieser Pferderasse eine neue Vision, er möchte die 1532 von Frederico Grisone gegründete "Reitakademie Neapel" wieder auferstehen lassen. Die "Accademia dell'Arte Ecuestre Napolitano Frederico Grisone" existiert bereits auf dem Papier und als neuer Standort soll wahrscheinlich die Stallanlage Maresca´s an der Steilküste von Sorrento dienen.




Eigenschaften

 Diese Pferde besitzen ein großes Versammlungsvermögen, gleichzeitig sind sie schnell und ausdauernd. Sie besitzen eine natürliche Veranlagung für die Hohe Schule und bei ihnen fehlt das bei vielen Barockpferderassen typische Bügeln. Bisher stehen keine Tiere dieser Rasse zum Verkauf, den noch ist kein Pferd für die Zucht entbehrlich. Wenn es aber soweit sein sollte, muss das neue Zuhause dem Neapolitano würdig sein sowie muss für die Rasse werben können.







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