Schweres Warmblut

Erscheinungsbild:
  • sehr kräftig, gerade bis ramsige Köpfe, breiter Rücken, trockene Gliedmaßen, schweres und tiefes Fundament, mittellanger, gut aufgesetzter und kräftiger Hals, lange und schräge Schulter, kräftig bemuskelte leicht geneigte Kruppe, feste Hufe
Herkunft:
  • einheimischen Stuten, Oldenburger- und Ostfriesenhengste
Verbreitung:
  • vor allem Sachsen und Thüringen dazu seltener Sachsen-Anhalt, wenige in Oldenburg
Größe:
  • 157- 165cm, 550- 650 kg
Eignung:
  • vor allem Fahren, Dressur, Freizeit
Farben:
  • meist Rappen, Braune und Dunkelbraune, selten Schimmel und Füchse
Charakter:
  • gutartig, ruhig, gelassen, ausgeglichen, nervenstark


Entstehung

  Die Rasse entstand 1871, das sächsische Landgestüt kaufte Oldenburger- und Ostfriesenhengste, welche aus der Paarung von friesischen Stuten mit orientalischen und andalusischen Hengsten entstanden. Diese Hengste wurden mit den einheimischen Stutenstämmen gekreuzt und es entstand das „Schwere Warmblut auf Oldenburgisch- Ostfriesischer Grundlage“.
  Die Zuchtrichtung wurde 1873 durch den sächsischen Landstallmeister Ernst Graf zu Münster definiert. Das Ziel war „ein kurzbeiniges, stämmiges, dabei gängiges Durchschnittspferd, mit runden Rippen, breitem Becken, guten, regelmäßigen Stand und Gang, für den Dienst im Wagen und Pfluge gleichermaßen geeignet“.




Zuchtaufschwung und Ausrottunggefahr durch Krieg

  In den folgenden Jahrzehnten zogen die Pferde dieser Rasse Pflüge über die Äcker, aber auch Kanonen über die Schlachtfelder. Zu Beginn des zweiten Weltkrieges standen 600 militärtaugliche Beschäler in den deutschen Ställen. Das Schwere Warmblut war ein ideales Soldatenpferd, da es stall- und geschirrfromm, stark in den Knochen sowie zugfest und leichtfuttrig war.
  Durch den Krieg entstanden tiefe Spuren im Bestand und der Zucht der Rasse. Die Zuchtgebiete waren zerstört, viele Tiere im Kampf getötet worden und die Zuchtdokumente gingen 1945 bei der Bombardierung Dresdens verloren. Das gesamt Archivmaterial wurde zudem von den russischen Besatzern in Moritzburg zerstört.




das Pferd als sinnloses Luxusgut nach dem Krieg in der DDR

  Die noch lebenden Stuten wurden nach Kriegsende von Hengsten aller Rassen gedeckt, um somit den Bedarf an Jungpferden zu decken. Ab 1950 galten strengere Maßstäbe bei der Stuteneintragung. Die Zucht konnte sich erholen, da aber die Landwirtschaft nicht richtig in die Gänge kam blieb das Futter knapp. Die DDR- Regierung löste 1951 alle Landgestüte und alten Zuchtverbände auf.
  In Moritzburg verblieb nur eine Hengstprüfanstalt und die Beschäler wurden in volkseigenen Gütern untergebracht. In den Gemäuern von Moritzburg standen, statt wie seit 130 Jahren Pferde, Kälber und Schweine. Die meisten Pferde kamen in die LPG´s und kaum einer hielt noch privat Pferde. Es schien nutzlos ein Pferd zu pflegen und zu bewegen. Nur einige wenige hielten auf ihren kleinen verbliebenen Stück Land ihre letzte Stute.




Verdrängung des Schweren Wamblutes durch die Zucht des Edlen Warmblutes

  Mit der Mechanisierung der Landwirtschaft seit Mitte der 70er Jahre schien das Schicksal der Rasse besiegelt. Durch die Zentralstelle der Pferdezucht wurde angeordnet, dass die Schweren Warmbluthengste abzukören seien. Die restliche Stuten sollten mit englischen Vollblütern gedeckt werden, um leichte Reitpferde zu erhalten.
  In der DDR sollte ein Einheitspferd entstehen, welches elegant, modern und sportlich war. Viele ostdeutsche Rassen passten nicht in dieses Konzept und gingen im Edlen Warmblut unter. Die restlichen Schweren Warmblüter dienten als Fleischvorrat und wurden als Zuchtvieh geführt.




heimlicher Rasseerhalt

Zuchthengst   Es gab aber viele kleine Züchter, die ihre Pferde nicht einfach abgeben wollten, sie ließen ihre Tiere einfach als Edle Warmblüter umschreiben. Und damit nicht nur die einzelnen Tiere sondern auch die Rasse erhalten blieb, wurden die Stuten durch versteckte Hengste gedeckt, welche es eigentlich nicht mehr geben durfte. Andere Züchter ließen ihre Stuten gelegentlich von Englischen Vollblütern decken und verkauften die Fohlen als Sportpferde und ließen ihre Stuten heimlich zum Hausgebrauch von Schweren Warmblütern decken.




Dr. Herte Steiner

  Die Leiterin des Landgestütes Moritzburg Dr. Herta Steiner kämpfte von 1961 bis 1985 für den Erhalt der Vertreter des Schweren Warmblüters. Durch sie durften die abgekörten Hengste Kutschen mit Touristen um das Moritzburger Schloss ziehen anstatt beim Fleischer zu enden.




plötzlicher Zuchtumschwung

  Aber 1983 kam die züchterische Wende, das Fahren kam wieder in Mode und die Schweren Warmblüter waren auf einmal begehrte Exportgüter in den Westen. Früher verboten war ihre Zucht plötzlich wieder eine gute Sache. Die Züchter durften ihre Stuten wieder zu Schweren Warmblütern umschreiben lassen.




Zuchtaufschwung nach der Wende

  Nach dem Sturz der Mauer entstanden auch die alten Zuchtverbände wieder. Vor allem in Sachsen und Thüringen werden heute wieder viele Schwere Warmblüter gezüchtet. Die Sachsen sind auf ihre reingezogene Stutenstämme besonderst stolz. Diese Stämme sollen gepflegt und nur wenig veredelt werden. In Thüringen werden dagegen vermehrt Englische Vollblüter und moderne Warmbluthengste eingekreuzt, um dadurch Pferde für den Turniersport zu erhalten.




Oldenburger- Ostfriesische Pferd in der BRD

  In Westdeutschland wurde das Oldenburger- Ostfriesische Pferd erfolgreich bis ca. 1965 sehr erfolgreich weitergezüchtet. Nach der Umstellung der Zucht auf ein Reitpferd in den 60er bis 70er Jahren wurden massiv Vollblut- und Hannoveranerhengste eingekreuzt und der ursprüngliche Typ ging größtenteils verloren.




Gegenwart und Eigenschaften

  Das Schwere Warmblut hat sich längst etabliert, egal ob als sehr gute Dressurpferde oder Fahrpferde. Kein Wunder den schon ihre Vorfahren glänzten durch besondere Leistungen. So trug der Wallach Hektor 1928 seinen Reiter in 16 Tagen über eine 1.500 km lange Distanz und selbst in der Hohen Schule bewiesen Pferde dieser Rasse ihr können. Die Kavallerie der britischen Königin schätzte schon 1987 das Aussehen und die Ruhe dieser Rasse und erwarb 14 Rapp- Wallache aus Sachsen.
Heute gibt es etwa 900 eingetragene Tiere in Sachsen und Thüringen, darunter ca. 30 Hengste.   Die Tiere sind vor allem bei Freizeitreitern gefragt, da sie nur schwer aus der Ruhe zu bringen sind und immer freundlich bleiben. Auch Anfänger sind bei dieser Rasse gut aufgehoben, da geht niemand im Gelände verloren.
  Aber auch der Dressurreiter kann auf jedem Fall bis Klasse M mit einem solchen Tier kommen, er sollte nur darauf achten dass die Pferde aus den V- und L- Linien stammen, da sonst der Schritt nicht besonderst gut ist. Im Trab sind diese Pferde, egal ob unter einem Reiter oder im Gespann kaum zu schlagen, er ist voller Schwung, mit leichter Aktion und energisch vorwärts.




Rote Liste

  Die Rasse wird heute noch in der Kategorie III (gefährdet) der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen geführt als „Schweres Warmblut auf Oldenburgisch- Ostfriesischer Grundlage“ aber das wird sich hoffentlich wohl sehr bald ändern.







Informationen:
  • GEH - Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V.